𝙒𝙞𝙚 𝙨𝙞𝙚𝙝𝙩 𝙚𝙞𝙣 «𝙉𝙚𝙬 𝙒𝙤𝙧𝙠»-𝘽𝙪̈𝙧𝙤 𝙣𝙪𝙣 𝙞𝙣 𝙙𝙚𝙧 𝙍𝙚𝙖𝙡𝙞𝙩𝙖̈𝙩 𝙖𝙪𝙨?
𝙀𝙞𝙣𝙚 𝙯𝙚𝙣𝙩𝙧𝙖𝙡𝙚 𝙀𝙧𝙠𝙚𝙣𝙣𝙩𝙣𝙞𝙨
Theoretisch könnte man New Work unmittelbar umsetzen, wenn ein neues Gebäude samt neuer Prozesse eingerichtet würde. In der Realität jedoch findet die Einführung von New Work in bestehenden Büroumgebungen und etablierten Prozessen statt. Daher erfolgt der Wandel oft in budgetfreundlichen, schrittweisen Etappen über Jahre hinweg, mit langfristigen Plänen zur Anpassung von Technologie, Prozessen und Büroorganisation.
𝘿𝙞𝙚 𝘾𝙤𝙧𝙤𝙣𝙖-𝙆𝙧𝙞𝙨𝙚 𝙖𝙡𝙨 𝘽𝙚𝙨𝙘𝙝𝙡𝙚𝙪𝙣𝙞𝙜𝙚𝙧
Die Pandemie hat in fast allen Gemeindeverwaltungen zur Modernisierung der Technologie (Hard- und Software) und zur Anpassung der Arbeitsprozesse geführt, sodass ein flexibles Arbeiten aus dem Home-Office möglich wurde. Damit wurden die drei Kernaspekte von New Work – Technologie, Prozesse und Büroorganisation – in vielen Gemeinden bereits angewendet.
𝙀𝙞𝙣 𝙍𝙪𝙣𝙙𝙜𝙖𝙣𝙜 𝙙𝙪𝙧𝙘𝙝 𝙙𝙖𝙨 «𝙉𝙚𝙬 𝙒𝙤𝙧𝙠»-𝘽𝙪̈𝙧𝙤 𝙙𝙚𝙧 𝙂𝙚𝙢𝙚𝙞𝙣𝙙𝙚𝙫𝙚𝙧𝙬𝙖𝙡𝙩𝙪𝙣𝙜 𝙂𝙤𝙨𝙨𝙖𝙪 𝙕𝙃
𝙀𝙞𝙣𝙙𝙧𝙪̈𝙘𝙠𝙚 𝙪𝙣𝙙 𝘽𝙚𝙤𝙗𝙖𝙘𝙝𝙩𝙪𝙣𝙜𝙚𝙣
Viele Arbeitsplätze blieben unbesetzt, da Home-Office zu 100% möglich ist. In einem «stillen Büro» arbeitete ein Mitarbeiter konzentriert an seinem Laptop, ohne Gespräche oder Telefonate im Hintergrund. In einem anderen Raum nutzte eine Mitarbeiterin einen grossen Stehtisch für Telefonate. In einem Grossraumbüro arbeiteten zwei Mitarbeiter, eine von ihnen mit einem vom Arbeitgeber bereitgestellten Kopfhörer. Die Begeisterung (Gespräch) über die neue Arbeitsumgebung war bei den Mitarbeitenden deutlich spürbar. In einem weiteren Raum wurde gerade eine neue Kollegin eingearbeitet.
Was auffiel: Es gab keine Ordner, keine Papiere – die Büroräume wirkten erstaunlich leer, fast steril. Die Mitarbeitenden in Gossau haben keine festen Arbeitsplätze mehr. Über ein Reservierungssystem buchen sie täglich einen Platz, wenn sie nicht von zu Hause aus arbeiten. Die konsequente Digitalisierung der Dokumente ermöglicht diese Flexibilität.
Natürlich gibt es auch die schalldichten Telefonkabinen, die oft als sichtbares Merkmal von New Work gezeigt werden. Sie bieten Raum für vertrauliche Gespräche, ergänzt durch unterschiedlich ausgestattete Besprechungsräume sowie eine erweiterte Cafeteria für gemeinsame Mittagspausen. Eine inspirierende Arbeitsumgebung soll die Freude an der Arbeit und effizientes Arbeiten fördern.
𝙀𝙞𝙣𝙚 𝙗𝙚𝙚𝙞𝙣𝙙𝙧𝙪𝙘𝙠𝙚𝙣𝙙𝙚 𝘼𝙩𝙢𝙤𝙨𝙥𝙝𝙖̈𝙧𝙚 𝙩𝙧𝙤𝙩𝙯 𝙪𝙣𝙨𝙥𝙚𝙠𝙩𝙖𝙠𝙪𝙡𝙖̈𝙧𝙚𝙧 𝙊𝙥𝙩𝙞𝙠
Die Gesamtheit dieser Veränderungen mag von aussen unspektakulär wirken, doch das neue Bürokonzept schafft eine spürbar andere Arbeitsatmosphäre. Besonders bemerkenswert: Gossau nutzt eine Mietlösung für spezielle Möbel, so dass nach einer Testphase gezielte Anpassungen vorgenommen werden können. Out-of-the-box-Denken und Lösungen suchen!
𝙃𝙚𝙧𝙖𝙪𝙨𝙛𝙤𝙧𝙙𝙚𝙧𝙪𝙣𝙜𝙚𝙣 𝙙𝙪𝙧𝙘𝙝 𝙙𝙚𝙣 𝙎𝙘𝙝𝙖𝙡𝙩𝙚𝙧𝙙𝙞𝙚𝙣𝙨𝙩
Ein grosses Thema an New Work in der Gemeindeverwaltung bleibt der Schalterdienst und die dazugehörigen Öffnungszeiten. Hier sehen viele Gemeinden eine grosse Herausforderung: Die Bevölkerung erwartet eine feste Präsenz, die jedoch zunehmend schwerer zu organisieren ist. Der Konflikt zwischen Mitarbeiterbelastung und Bürgerservice steht im Raum, und nicht alle Dienstleistungen lassen sich digitalisieren.
Mit zunehmender Digitalisierung der Kundenseite könnte die Schalternutzung abnehmen. Durch benutzerfreundliche digitale Angebote wird angestrebt, möglichst viele Anfragen zu automatisieren. Auch in Gossau gibt es dazu bereits Pläne und Visionen, wie der Schalterbetrieb der Zukunft aussehen könnte.
𝙀𝙞𝙣 𝙣𝙚𝙪𝙚𝙧 𝘼𝙣𝙨𝙖𝙩𝙯 𝙛𝙪̈𝙧 𝙙𝙞𝙚 𝙑𝙚𝙧𝙬𝙖𝙡𝙩𝙪𝙣𝙜
In Gossau ist geplant, dass die Bürger zukünftig an einem kundenfreundlichen Empfang mit professioneller Wartezone begrüsst werden. Von dort werden sie abhängig des Anliegens entweder direkt beim Empfang bedient oder von der zuständigen Fachperson in einen separaten Besprechungsraum begleitet. Diese Umstrukturierung hätte den Vorteil, dass die Bürokorridore nur noch von Mitarbeitenden genutzt würden, was den Austausch zwischen den Abteilungen fördern könnte, da die Bürotüren offen bleiben und der Korridor in die Bürozone integriert werden könnte. Zudem können die Flächen und Räumlichkeiten dadurch deutlich ökonomischer und effizienter genutzt werden. Die Kunden erleben so das «Wir auf Augenhöhe-Kundengefühl» im Beratungsgespräch, statt das «Bittsteller-Gefühl auf der anderen Seite» am Schalter.
Die Rückmeldungen aus den Interviews mit den Gemeindeschreibern zeigen, dass diese Herausforderung vermutlich noch viele Jahre bestehen wird und je nach Gemeinde unterschiedliche Lösungsansätze gefunden werden müssen. Da diese Thematik auch politische und philosophische Fragen berührt – welche Dienstleistungen bieten wir den Bürger an? – sind viele verschiedene Antworten denkbar.
In der Zukunft könnten sich hier neue Fragen abzeichnen:
Finden wir ausreichend Fachkräfte, die bereit sind, feste Arbeitszeiten für den Schalterdienst zu akzeptieren?
Steigt die Nachfrage nach digitalen Lösungen durch die jüngere Generation?
Sind Bund und Kantone bereit, alle relevanten Prozesse und Dokumente zu digitalisieren?
Werden entsprechende, kundenfreundliche Systeme entwickelt?
𝙆𝙖𝙣𝙣 𝙚𝙞𝙣 𝙂𝙚𝙢𝙚𝙞𝙣𝙙𝙚𝙨𝙘𝙝𝙧𝙚𝙞𝙗𝙚𝙧 𝙤𝙝𝙣𝙚 𝙚𝙞𝙜𝙚𝙣𝙚𝙨 𝘽𝙪̈𝙧𝙤 𝙖𝙧𝙗𝙚𝙞𝙩𝙚𝙣?
Thomas-Peter Binder, Gemeindeschreiber von Gossau, lebt das Prinzip von New Work konsequent vor und hat auf ein eigenes Büro verzichtet. Sofort stellte sich mir die Frage:
Wie geht er mit vertraulichen Dokumenten um?
Wo führt er vertrauliche Gespräche?
Was geschieht mit Dokumenten, die im Bearbeitungsprozess offen auf dem Pult liegen?
Thomas-Peter Binder nimmt diese Fragen mit Humor: «Das sind die am häufigsten genannten Gründe, warum es angeblich nicht funktioniert.» Führungskräfte verfügen über einen abschliessbaren Schrank für alle nicht digitalisierten Unterlagen. Für vertrauliche Gespräche gibt es schalldichte Kabinen oder Sitzungsräume.
Das gilt übrigens auch für alle Mitarbeitenden, die ebenfalls die Möglichkeit erhalten sollten, ganz sensible Daten oder auch etwas Privates wegschliessen zu können.
Da sehe ich vor dem inneren Auge spontan das bekannte Bild der «persönlichen Rollis» aus den Grossraumbüros. 😊
Da die Gemeindeverwaltung ohnehin gewohnt ist, sorgsam mit vertraulichen Informationen umzugehen, lässt sich die Arbeit gut organisieren. In der Budgetphase sitzt Binder in unmittelbarer Nähe der Finanzspezialisten und profitiert von den kurzen Kommunikationswegen.
Als «Babyboomer» und erfahrene Führungskraft der alten Schule hat mich diese Offenheit für die neue Arbeitsweise beeindruckt. Thomas-Peter Binder zeigt, dass der Wille entscheidend ist, nicht die Technik oder Organisation.
𝙀𝙞𝙣 𝘼𝙪𝙨𝙗𝙡𝙞𝙘𝙠
Ich teile die Meinung vieler Gemeindeschreiber: Ich schätze ein eigenes Büro und bin es auch so gewohnt, aber die Zukunft wird wahrscheinlich anders aussehen. Die jüngeren Generationen wachsen mit anderen Arbeitsweisen auf und kennen flexible, digitale Arbeitsformen als Normalität. Mitarbeitende arbeiten irgendwo auf der Welt.
Gossau beweist uns, dass die Zeit der verstaubten Beamtenstuben endgültig vorbei ist und rüstet sich für die Anforderungen der Mitarbeitenden in der Zukunft.
𝙒𝙖𝙨 𝙞𝙨𝙩 𝙧𝙞𝙘𝙝𝙩𝙞𝙜?
Noch befinden wir uns, nach meiner Meinung, in einer Umbruchsphase und ganz viele Organisationsformen sind erfolgreich. In der Rekrutierung begegnen wir Persönlichkeiten aller Generationen. Für beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sind unterschiedliche Organisationsformen ideal und möglich.
Es gibt immer Organisationen, die innovativ voraus gehen und aufzeigen was möglich ist. Die Umfrage hat aufgezeigt, dass viele Gemeindeverwaltungen innovativ unterwegs sind und sich mit New Work auseinandersetzen. Wohin und wie schnell die Reise wirklich geht, wird die Zukunft weisen.
Was bleibt ist der Grundgedanke für New Work:
𝙉𝙚𝙬 𝙒𝙤𝙧𝙠: 𝙣𝙚𝙪𝙚 𝙈𝙚𝙣𝙨𝙘𝙝𝙚𝙣, 𝙣𝙚𝙪𝙚 𝙏𝙚𝙘𝙝𝙣𝙤𝙡𝙤𝙜𝙞𝙚𝙣, 𝙣𝙚𝙪𝙚 𝘼𝙧𝙗𝙚𝙞𝙩𝙨𝙥𝙡𝙖̈𝙩𝙯𝙚 𝙪𝙣𝙙 𝙋𝙧𝙤𝙯𝙚𝙨𝙨𝙚 – 𝙨𝙩𝙚𝙩𝙨 𝙢𝙞𝙩 𝙙𝙚𝙢 𝙕𝙞𝙚𝙡, 𝙙𝙖𝙨 𝙊𝙥𝙩𝙞𝙢𝙪𝙢 𝙛𝙪̈𝙧 𝙙𝙞𝙚 𝙈𝙚𝙣𝙨𝙘𝙝𝙚𝙣 – 𝙛𝙪̈𝙧 𝙋𝙚𝙧𝙨𝙤̈𝙣𝙡𝙞𝙘𝙝𝙠𝙚𝙞𝙩𝙚𝙣 𝙯𝙪 𝙨𝙘𝙝𝙖𝙛𝙛𝙚𝙣.
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